Alle reden von den Chancen und Notwendigkeiten, die mit dem Thema Leadership 4.0 einhergehen. Aber nutzt das eigentlich schon jemand intensiv?
Bei LLC (Lindenberg Leadership Consulting) haben wir, den Kunden sei Dank, in den letzten Monaten viel Vertrauen hinsichtlich der Digitalisierung unserer Teamwork- und Leadership-Seminare sowie virtuellen Coachings erfahren dürfen. Das ist nicht selbstverständlich, schließlich haben wir – trotz aller Vorerfahrungen mit unseren Webinaren – Neuland betreten. Und so arbeiten wir naturgegeben heute anders als in den Jahren davor. Das Programmieren der digitalen Formate verlangt Zeit, Zuwendung und nicht zuletzt auch Investitionen in die Technik sowie in den Know-how Aufbau. Wenn man sich dafür entschieden hat, dann sollte man es auf jeden Fall richtig machen und nicht etwa „nebenher“, mit halber Kraft, lautet unser Fazit. Jeder der Beteiligten spürt sofort, ob man eine Alternative mit Mehrwert oder eine temporäre Notlösung geschaffen hat.
Inzwischen stehen alle gängigen Präsenz-Formate (virtuelle Coachings, ein bis fünf-tägige remote Leadership-Seminare und Teamentwicklungen) auch digital ausgereift zur Verfügung. Und ja, es hat sich wieder einmal bewahrheitet: Krise ist Chance. Wer sie ergreift, wird daran wachsen.
Virtuelle Seminare, Notlösung oder Zukunftsprojekt?
Kunden und Anbieter stellen sich aktuell die Frage, ob es nicht besser wäre, darauf zu warten, die Krise vorbeziehen zu lassen, bis klassische unplugged Seminare wieder stattfinden können. Neuland betreten bedeutet stets auch die Routine zu verlassen und Risiken einzugehen. Klar, das muss sorgfältig abgewogen werden. Klassische Präsenzseminare kennen wir, sie bieten Kontaktmöglichkeiten, persönlichen Austausch in den Pausen oder am Abend und mit den Lernmedien sind im Prinzip alle vertraut. Bei den digitalen Seminaren ist das Feld noch sehr unübersichtlich. Es gibt gut gemeinte und auch gut gemachte Webinare zu allen möglichen Themen. Sie kosten mitunter nichts, einen Preis zahlt man dennoch: der Werbeblock will einfach nicht enden, die eigentlichen Informationen gehen darin ein Stück weit unter. Nicht selten finden sich anfänglich hundert oder mehr Zuschauer im virtuellen Raum, nach wenigen Minuten springen die ersten dann aber schon wieder gelangweilt ab. Zeit, so drastisch muss man es sehen, ist Lebenszeit und daher muss sich jedes Angebot auch daran messen lassen, ob es einen Mehrwert für die Beteiligten schafft.
Die Welt, in der wir leben, ist bunter, komplexer, vielfältiger, rasanter und irgendwie auch weniger berechenbar geworden. Wesentlicher Transformationstreiber dieser Veränderungen ist die technologische Entwicklung, die häufig mit dem Begriff der Digitalisierung assoziiert wird. Aufgrund der großen Bedeutung und des starken Einflusses der Digitalisierung auf nahezu alle Bereiche des (Geschäfts)-Lebens wird auch von der Arbeitswelt 4.0 gesprochen. Diese neue Situation stellt die Unternehmen sowie die Beteiligten in den Firmen – völlig unabhängig von aktuellen Krisen wie etwa die Pandemie – vor erhebliche Herausforderungen. In der Vergangenheit erfolgreiche Führungsansätze scheitern vermehrt bzw. sind zu inflexibel und langsam.
Wie unterscheiden sich virtuelle Seminare von klassischen?
Im März 2020 konnten wir uns nicht vorstellen, dass gruppendynamische Teamwork- oder Leadership-Seminare remote auch nur ansatzweise funktionieren könnten. Die aufkommenden Zoom-, Teams- oder Webex-Meetings waren eine erste gute Alternative, um den Austausch untereinander nicht abreißen zu lassen. Bei der Vermittlung von Lerninhalten stellten wir jedoch rasch fest, dass sie die Kollaboration nicht so richtig befeuern konnten und ehr den Anschein eines klassischen Frontalunterrichtes im digitalen Gewand vermittelten. Zudem fanden wir es enorm anstrengend, über Stunden vorm Rechner zu sitzen.
Bei der Entwicklung der digitalen LLC Seminare ging es uns daher primär darum,
- Kurzweilige, spannende Veranstaltungen mit Tiefgang zu bieten,
- Ermüdungserscheinungen zu vermeiden,
- komplexe Inhalte mittels moderner Lernmedien nachhaltig zu vermitteln,
- eigenverantwortliches Lernen zu fördern.
Die Arbeiten im eigens eingerichteten LLC-Medienstudio haben uns zeitlich und fachlich gefordert, gelohnt hat es sich allemal. Wir mussten lernen, Seminare und Workshops völlig neu zu denken und zu designen. Der Blick in die Kamera, die Interaktion mit Teilnehmer*innen via Bildschirm und Mikro, all das verlangt eine gute Kommunikationskompetenz und eine geschulte Wahrnehmung. Neben den eigentlichen Fachthemen sollte man mit den gängigen Problemen, die bei Teilnehmer*innen auftreten können, vertraut sein, daher führen wir digitale Seminare zu zweit durch.
Beispiele:
- Wieso ist mein Bildschirm schwarz?
- Wie komme ich auf den TEAMS-Kanal?
- Wie können wir das Whiteboard nutzen?
- Hallo, kann mich jemand hören?
- Wieso erscheine ich so geisterhaft auf eurem Bildschirm, ich habe doch extra einen professionellen Hintergrund gewählt?
Im Prinzip können alle Aktivitäten, wie wir sie von Präsenzveranstaltungen kennen, auch virtuell abgebildet werden. Das tooling im virtuellen Seminar geht jedoch weit über die bisherigen Möglichkeiten hinaus. Das will gut durchdacht sein, nicht die Technik, sondern die Beteiligten und deren Ziele stehen im Mittelpunkt. Bestenfalls vergessen die Teilnehmer*innen sogar, dass sie gerade virtuell tagen, weil sie so sehr in den Seminarprozess involviert sind, dass sie das „drumherum“ quasi nicht mehr als etwas unnatürliches wahrnehmen.
Was bringen digitale Seminare, welcher Nutzen ist zu erwarten?
Im Oktober 2020 konnten wir die ersten virtuellen Workshops anbieten, im Februar 2021 das erste vollumfängliche remote Leadership-Seminar. Alle Seminare und Workshops sind modular aufgebaut, können zeitversetzt oder en bloc durchgeführt werden. Auch besitzt jedes Seminar ein eigens geschaffenes Lernmanagement inkl. Webpage mit ansprechendem Design, gerne auch auf die beauftragenden Unternehmen zugeschnitten.
Das erste remote Leadership Seminar war tatsächlich auch eine Weltpremiere, da es zuvor noch nie ein gruppendynamisches, digitales LLC- Leadership 4.0- Seminar in dieser Intensivität gab. Im Vorfeld unserer Überlegungen mit unseren Seminaren live zu gehen, haben wir uns intensiv auch mit einigen der sogenannten Expertert*innen dazu ausgetauscht. Fast alle haben uns von unserem Vorhaben abgeraten – keiner konnte sich vorstellen, dass das gelingen könnte. Unser Ehrgeiz wurde dadurch aber eher noch bestärkt.
Als Ergebnis konnten wir das Leadership 4.0 Seminar von Montag bis Freitag, jeweils von 09:00 bis 18:00 Uhr, digital durchführen. Für das Teambuilding war das enorm vorteilhaft, so hatte die Gruppe ausreichend Zeit, um zusammen zu wachsen. Jeder der Teilnehmer*innen wurde auf neue und kreative Art und Weise gefordert. Jeder kann etwas, das ein anderer nicht kann. Das gilt bei allen Veranstaltungen, bei den digitalen jedoch in besonderem Maße. Die Teilnehmer haben sich gegenseitig Tipps gegeben und gemeinsam überlegt, wie sie die Teamprozesse und Entscheide visualisieren und wie sie die Zusammenarbeit produktiv gestalten. In den Präsenzseminaren ist das ähnlich, jedoch weniger ausgeprägt. Flipchart, Pinnwand, Beamer, Karten usw., sind altbekannte Moderationstechniken. Im digitalen Raum ist agiles Arbeiten Standard, es bedarf keiner explizierten Erörterung – es passiert einfach.
Zugegeben, die Teilnehmer*innen waren am Abend schon ein wenig geschafft, schließlich hatten sie den ganzen Tag intensiv an ihren Themen gearbeitet, aber bis zum Ende waren alle aktiv und agil involviert, denn der Mix an analogen und digitalen Lernmedien war sehr aufeinander abgestimmt, sodass lange Zeiten vor dem Rechner erst gar nicht entstanden. Zum Teil wurden wir gefragt, ob der virtuelle Raum für After Work Gespräche am Abend noch geöffnet bleiben kann.
Die Reaktionen der Teilnehmer*innen und auftraggebenden Unternehmen waren sehr positiv und haben uns bestärkt, auf dem richtigen Weg zu sein. Inzwischen führen wir regelmäßig digitale Inhouse Seminare durch, mit gleichbleibend sehr guter Bewertung.
Allerdings konnten wir auch beobachten, dass jene, die das Seminar beauftragen, jedoch nicht persönlich teilnehmen, Zweifel hegen, ob ein virtuelles Seminar die gleiche positive Resonanz hervorrufen kann, wie vergleichsweise ein analoges Seminar. Viele verkennen die Möglichkeiten, die die Digitalisierung hier eindeutig bietet und wünschen eher das klassische unplugged Seminar (Präsenz) und sehen die digitale Variante eher als Notfalllösung. Jene, die am remote Leadership Seminar teilgenommen haben, fanden es in jeder Hinsicht spannend, modern, zielführend und bereichernd und wollen diese Erfahrung keineswegs missen.
Remote Seminare sprechen alle bisherigen Kompetenzen und Inhalte wie bisher auch an, zusätzlich werden jedoch neue Fähigkeiten trainiert, die im Zuge der Digitalisierung eine besondere Rolle spielen dürften: Beweglichkeit (Agilität), Medien-Kompetenz, Kommunikation und Effizienz im virtuellen Raum, digitales tooling und Design von Lernmedien, remote-Teamwork und -Leadership.
Im Austausch mit Kollegen aus dem LLC Netzwerk konnte festgestellt werden, dass diese ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Das ist insofern spannend, weil perspektivisch im besten Falle ein Transfer der neuen Möglichkeiten des digital Leadership in die Zeit nach der Pandemie erfolgen sollte, um den Ausbau eines agilen Leadership 4.0 nachhaltig zu fördern.
Im Herbst erscheint unser neues Management Buch, das ausführlich die gebotenen Chancen und Herausforderungen von Leadership 4.0 beleuchtet. Unserer Einschätzung nach wird es maßgeblich darauf ankommen, das Management für den Prozess der Digitalisierung zu begeistern. Mitarbeiter* innen, so unsere Erfahrung, öffnen sich, so ihnen Möglichkeiten geboten werden. Grundsätzlich ist es zuallererst jedoch eine Frage der Einstellung.